AUTOINSIDE - Ein zweites Leben für Batterien
Auf dem Gelände einer einstigen Papierfabrik in Biberist SO lässt sich jetzt die Zukunft des industriellen Batterierecyclings bestaunen.

AUTOINSIDE - Ilir Pinto, Mai 2025
Librec eröffnet Batterierecycling-Anlage
Ein zweites Leben für Batterien
Auf dem Gelände einer einstigen Papierfabrik in Biberist SO lässt sich jetzt die Zukunft des industriellen Batterierecyclings bestaunen: Mit der offiziellen Eröffnung ihrer Anlage zur Rückgewinnung von Rohstoffen aus Lithium-Ionen-Antriebsbatterien fährt die Librec AG europaweit voran.
Das wegweisende Geschäftsmodell für die Zukunft entstand am Küchentisch: ZurEröffnung des ersten industriellen Betriebs der Schweiz zum Recycling grosser Lithium-Ionen
Antriebsbatterien aus der Elektromobilität erläutert Jodok Reinhardt, CEO Librec AG, im April vor Gästen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, wie im Gespräch mit seiner
Gattin am Küchentisch aus einem «kreativen Geistesblitz» ein Businessmodell für eine nachhaltigere Mobilitätszukunft entstand.
Mit der neuen Anlage macht Librec den ersten von vier notwendigen Schritten im industriellen Batterierecycling: das Zerlegen der Batterien und die Herstellung sogenannter Schwarzmasse, wobei laut eigenen Angaben eine bisher unerreichte Rückgewinnungsrate von über 97 Prozent und für begehrte Rohstoffe wie Kobalt, Nickel, Kupfer und Aluminium erreicht wird – unter ausschliesslicher Verwendung erneuerbarer Energie. In weiteren Prozessstufen in spezialisierten Anlagen anderer Unternehmen, mit denen Librec kooperiert, werden aus dieser Masse die Wertstoffe zurückgewonnen.
Das Fundament für das Projekt wurde 2020 gelegt – gemeinsam mit Partnern wie Auto- Schweiz, der Stiftung Auto-Recycling Schweiz und der Empa. Nach der Gründung des Unternehmens Librec im Jahr 2021 ging im Herbst 2024 die rund 4000 Quadratmeter grosse Produktionshalle in Betrieb, die nun offiziell eröffnet wurde. Das operative Ziel ist laut
Jodok Reinhardt heute erreicht. «Wir produzieren hier die vermutlich europaweit beste Schwarzmasse. Von unseren Abnehmern aus Asien haben wir Bestnoten zu unserem
Rezyklat erhalten.» Zwar gibt es in Europa bereits andere Recyclinganlagen für Li-Io-Batterien, doch zeichnet sich die Anlage von Librec durch ihre spezielle Technologie aus: Ihr
Verfahren kommt ohne Einschmelzen oder Verbrennen aus.
Ein ideales Umfeld
Dass sich Librec für Biberist als Standort entschieden hat, ist kein Zufall. Das ehemalige Gelände einer Papierfabrik ist eines der grössten Umstrukturierungsareale im Kanton Solothurn. Stefan Hug-Portmann, Gemeindepräsident von Biberist, erinnert in seinem Referat zur Eröffnung an die industrielle Geschichte des Standorts und zeigt sich erfreut, dass mit Firmen wie Librec und dem Nachbarunternehmen Libattion diese Tradition in moderner Form fortgeführt wird. Die beiden Unternehmen teilen sich ein Gebäude und das Areal.
Diese räumliche Nähe eröffnet Möglichkeiten zur Zusammenarbeit: Die Libattion AG hat sich auf das sogenannte Second Life und Upcycling von Batterien spezialisiert. Sie kann
angelieferte Batteriemodule oder -zellen, sofern diese technisch geeignet sind, direkt weiterverwenden und zu neuen stationären Energiespeichersystemen verarbeiten.
Nach dem Durchschneiden des roten Bandes wird beim anschliessenden Betriebsrundgang deutlich, wie durchdacht das Sicherheitskonzept ist. Der Weg beginnt mit der Anlieferung von Batterien, die grösstenteils noch geladen sind (wobei Librec die Restenergie nutzt), und einer umfassenden Kontrolle im Wareneingang. In einer gut belüfteten Halle werden die Batterien zunächst sicher gelagert. Danach folgt das Entladen – ein wichtiger Schritt, um Gefahren zu vermeiden. Nach einer Ruhezeit von 24 Stunden erfolgt die Zerlegung. Hier sind technisches Know-how und besondere Vorsicht gefragt, etwa beim Umgang mit Kühlflüssigkeit. In den weiteren Hallen werden die Module geschreddert, getrocknet und in Bestandteile getrennt. Die Schwarzmasse wird schliesslich unter nach wie vor höchsten Sicherheitsvorkehrungen gesammelt, da es sich dabei um gefährlichen Abfall handelt.
Politisches und ökologisches Signal
Auch auf kantonaler Ebene wird das Projekt gewürdigt. Regierungsrat Peter Hodel spricht vor Ort von einem «imposanten Meisterstück» und betont die Relevanz des Werks für die
Nachhaltigkeit der Mobilität. Rahel Galliker, Vizedirektorin des Bundesamts für Umwelt (Bafu), unterstreicht die ökologische Bedeutung des geschlossenen Materialkreislaufs:
«Das macht uns unabhängiger – und das ist heute sicher keine schlechte Idee.» Peter Grünenfelder, Präsident Auto-Schweiz, bezeichnet Librec als Vorzeigebeispiel für Innovationskraft in einem wirtschaftlich herausfordernden Umfeld. Trotz getrübter Konjunkturaussichten und geopolitischer Unsicherheiten investiere Librec gezielt in die E-Mobilität, sagt Grünenfelder – und erinnert daran, dass die Automobilwirtschaft einen klaren Beitrag zur Dekarbonisierung leisten müsse und dass Librec
hier einen wichtigen Baustein liefere.
Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft
Andrea Vezzini vom Forschungsprojekt Circubat/ iBAT spricht anlässlich der Eröffnung von einem entscheidenden Meilenstein auf dem Weg von der linearen zur zirkulären
Wirtschaft. Angesichts der Tatsache, dass der Transportsektor in der Schweiz über einen Drittel des Energieverbrauchs und einen erheblichen Teil der CO2-Emissionen verursache,
sei die Rolle von Projekten wie jenem von Librec nicht zu unterschätzen. Mit einer Verarbeitungskapazität von zukünftig jährlich 12000 Tonnen und einer CO2-Einsparung
von bis zu 38100 Tonnen pro Jahr bei Volllast setzt Librec fraglos ein klares Zeichen.